Ihr neuer Comic “Lumumba” ist am 12. Januar erschienen. Können Sie für unsere internationale Leserschaft in einigen Sätzen erläutern, wer Patrice Émery Lumumba ist?
Lumumba, der eigentlich Isaïe Tasumba Tawosa heißt, ist eine große politische Persönlichkeit des Kongo. Der allererste Premierminister nach der am 30. Juni 1960 von Belgien gewährten Unabhängigkeit. Er war Opfer eines Komplotts, das zu seiner Ermordung am 17. Januar 1961 in Katanga, im Südosten der Demokratischen Republik Kongo, führte. Er war gerade einmal 35 Jahre alt und als Premierminister kaum zwei Monate und 12 Tage im Amt.
Welche Bedeutung hat diese historische Persönlichkeit für die kongolesische Gesellschaft und für Sie persönlich?
Für die Kongolesen ist Lumumba die Schlüsselfigur der Unabhängigkeit des Landes. Er ist einer der Hauptakteure, was zu dem internationalen Komplott gegen ihn und dem niederträchtigen Mord geführt hat. Ich glaube, dass er mit seinem politischen Denken und seinen Reden ein Licht bleibt, das die Völker auf ihrem Weg zur Menschenwürde erleuchten kann. Das zeigt sich in seiner letzten Botschaft, in dem an seine Frau adressierten Brief, vier Tage vor seinem Tod.
Sie sind gleichzeitig Szenarist, Zeichner und Herausgeber dieses Comics – was sind die Vorteile und Nachteile dieser Arbeitsweise?
Der Vorteil ist, dass ich meine Ausdrucksfreiheit als Autor behalte und dass sie nicht von der redaktionellen Linie eines Verlagshauses beeinflusst wird. Ich war immer sehr bedacht auf meine geistige Unabhängigkeit, daher gibt es aus dieser Sicht keine Nachteile. Der einzige negative Aspekt als Verleger ist der Verteilerkreis. Aber wir sind dabei uns dem in kleinen Schritten anzunähern.
Gibt es fiktive Aspekte in dem Comic oder basiert er ausschließlich auf historischen Fakten? Was sind Ihre Quellen, anhand derer Sie die Geschichte von Lumumba skizzieren?
Da er auf historischen Fakten beruht, konnte ich es mir nicht erlauben nach Lust und Laune fiktive Szenen in meinen Comic einzubauen, damit ich ihn nicht verfälsche. Dieser Comic ist also ein zeitgeschichtliches Dokument, das Ergebnis von mehr als zwei Jahren Recherche und Lektüre diverser Dokumente sowie Aussagen der wenigen noch lebenden nahen oder entfernten Zeugen.
Das Bild von Lumumba wird in Ihren Illustrationen sehr greifbar. Gibt es einen pädagogischen Aspekt in Ihrem küstlerischen Ansatz?
Ja, zeigen wie man sich eine Comic-Figur mit all ihren Charakterzügen und Haltungen aneignet. Mit anderen Worten: In Comics ist nichts umsonst, wenn man ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielen will. Es gibt eine Menge Vorbereitungsarbeit im Vorfeld für die Figur(en), die Kleidung, die die jeweilige Zeit widerspiegelt, die Umgebung usw. Nur so kann man sich später problemlos leisten, über seine Figur(en) in allen Situationen zu verfügen und z. Bsp. mit ihrem Gesichtsausdruck zu spielen, ohne dass er dadurch seine charakteristischen Züge verliert.
Ihre Comics sind oft in zwei Sprachen, Lingala und Französisch. Welche Zielgruppe erhoffen Sie sich damit zu erreichen?
Mein Anliegen ist es, in allen möglichen Sprachen der Welt für eine weite Verbreitung veröffentlicht zu werden. Wenn meine Werke bisher nur auf Französisch und Lingala erhältlich sind, dann deshalb, weil ich diese Sprachen am besten beherrsche. Die französische Übersetzung ist für den internationalen Konsum bestimmt, während die Version auf Lingala die kongolesischen Leser*innen und die in den Nachbarländern betrifft. Ich bin jedoch offen für die Übertragung meiner Werke in Lizenzausgaben für die Übersetzung in andere Sprachen. Dafür genügt es, mich zu kontaktieren, um die Modalitäten festzulegen.