Wo liegt eigentlich Erlangen? Aus kongolesischer Sicht weit entfernt, sozusagen am Ende der Welt. So wie umgekehrt Kinshasa oder Lubumbashi für die meisten Bewohner*innen Erlangens ein abstrakter Begriff ist.
Abgesehen von der geographischen Entfernung scheinen beide Städte auch durch ihre sehr unterschiedlichen kulturellen Prägungen weit entfernt voneinander, stehen aber spätestens seit dem Kolonialismus und insbesondere aktuell in direkter, aber auch komplexer und kontroverser Weise miteinander in steter Verbindung. Globale Märkte, zirkulierende Technologien und nicht zuletzt mehr oder weniger öffentlichkeitsscheue Akteurs-Netzwerke halten gegenwärtige Ungleichheiten und Machtgefälle auf einem konstanten Niveau – legitimiert durch politische Paradigmen und gesellschaftliche Konventionen, welche in diesem Projekt nicht nur thematisiert, sondern auch in dessen Umsetzung aufgebrochen werden sollen.
Eine Ausstellung über kongolesische Comics auf dem Internationalen Comic-Salon zu zeigen und dafür ausgewählte kongolesische Künstler*innen nach Erlangen einzuladen, das ist nach wie vor das primäre Ziel dieses Projekts. Schließlich ist der direkte Austausch von Menschen verschiedener kultureller Sphären der einfachste Weg, um durch gemeinsame Erfahrungen und unmittelbare Kommunikation einander kennenzulernen, eigene Gedankenhorizonte zu erweitern, Vorurteile abzubauen, Trennendes humorvoll wahrzunehmen, eventuelle Missverständnisse aufzuklären und im Dialog kulturelle Grenzen zu erkennen und zu überwinden.
Im Zuge der Corona-Krise ist dieser direkte Austausch vorübergehend unmöglich, da nicht nur Flugreisen ausgesetzt wurden, sondern auch der 19. Internationale Comic-Salon 2020 abgesagt wurde. Folglich haben wir versucht, neue Strategien zu finden, um einen Kulturaustausch unter den gegebenen Voraussetzungen zu bewirken. Mithilfe der digitalen Medien haben wir versucht, einen kulturellen Austausch über die Distanz von zwei Kontinenten zu ermöglichen. Das Team des Internationalen Comic-Salons Erlangen hat dazu eine Vielzahl an Fragen an die kongolesischen Künstler*innen gestellt, die im Juni 2020 nach Erlangen kommen sollten und sich jetzt noch bis zum nächsten Comic-Salon 2022 gedulden müssen. Jede*r Künstler*in hat aus den vielen Fragen jeweils drei ausgewählt und per Videonachricht beantwortet. Das Resultat ist dieses Video.